Mit einer hastigen seitwärtsdrehung wich der Schattenläufer der heran sausenden Elfenklinge aus. Eine viel zu knappe Geschichte seiner Meinung nach.
Sich den neuerhaltenen Schwung zunutze machend, wirbelte er an dem Krieger vorbei, rammte ihm seinen Dolch zwischen Helm und Kragen in den ungeschützten Hals und riss ihn ruckartig wieder heraus.
Das Stabschwert seines Gegners fiel laut krachend zu Boden als die behandschuhten Hände des Elfs sich stattdessen auf die Wunde pressten. Doch es war bereits zu spät für ihn. Dunkelrotes Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor und nur einige Sekunden später ging er gurgelnd zu Boden, nicht in der Lage noch einen anderen Ton hervorzubringen.
Syas hatte zu diesem Zeitpunkt seinen Dolch bereits wieder notdürftig gereinigt und verstaut. Anschließend hastete er zu seinem Schwert welches neben dem Tisch lehnte und zog es schnurstracks aus der Lederscheide. Ein Hochelf der so weit hinter feindlichen Linien auftauchte war mit Sicherheit nicht alleine unterwegs. Als er die Tür zum Flur aufriss bestätigte sich seine Befürchtung. An der nächsten Ecke konnte er schon zwei erschlagen Waldelfenwachen in ihren eigenen Blutlachen liegen sehen. Beides gut ausgebildete Soldaten.
Lautlos huschte er den Gang entlang und spähte um die Ecke. Eine weitere Leiche lehnte zusammen gesunken neben einer aufgebrochenen Türe. Ein vorsichtiger Blick hinein bestätigte sein Gefühl, dass der Angreifer noch da war.
Ein hochgewachsener und für elfische Verhältnisse sehr robust und kräftig wirkender Mann in hochelfischer Rüstung riss soeben die Decke vom Bett. Ein leeres Bett wie sich heraus stellte. Wem auch immer das Zimmer gehörte, er oder sie hatte wohl beschlossen einen Nachtspaziergang zu machen oder teilte sich das Bett mit jemand anderem in dieser Nacht.
Was auch immer die Gründe für die Absenz waren, sie hatten dieser Person wohl das Leben gerettet.
Der Angreifer hatte in jedem Fall weniger Glück. Mit einem sauberen Schnitt war sein Kehlkopf durchtrennt und seine Lebenslichter erloschen.
Syas verschwendete keine Zeit und widmete sich wieder dem Flur. Er kam noch an zwei weiteren Zimmern vorbei in denen die Bewohner weniger Glück gehabt hatten als der Schattenläufer selbst oder der Unbekannte Abwesende. Von den Angreifern fehlte jede Spur.
Urplötzlich krachte es laut am Ende des Flurs. Ein gepanzerter Elf kam durch die Holztür gesegelt und stieß gegen die gegenüberliegende Wand. Ein Pfeil ragte aus seiner Brust. Kurz darauf erschien ein Waldelf aus eben jenem Zimmer und blickte abfällig auf den Toten herab ehe er den Blick den Flur hinunter lenkte, direkt auf Syas.
Die Augen des Bogenschützen verengten sich zu schlitzen.
Der Schattenläufer starrte für einen Moment verächtlich zurück. Dann, wie auf Kommando wendeten sich beide ab und jeder verschwand in eine andere Richtung .
Von allen Personen im Gebäude…ach was, im ganzen Außenposten, hätte es ihn bei Serith, am wenigsten gestört wenn er dem Angriff zum Opfer gefallen wäre.
Aber Unkraut verging nun mal eben nicht so einfach.
Auf seinem Weg die Treppen herunter überraschte Syas noch einen weiteren Hochelfen und durchbohrte sein Herz mit der Schwertklinge. Weitere Gegner konnte er weder sehen noch hören, trotz seiner geschärften Sinne und außerordentlichen Nachtsicht musste das bei einem Kampf gegen Elfen aber nichts heißen.
Doch es blieb dabei. Auf seinem Weg hinaus lief er keinem Angreifer mehr über den Weg. Dafür war nun deutlicher Kampflärm von draußen zu hören.
Leicht nervös ließ er das Schwert einmal in der Hand rotieren.
Das professionelle Vorgehen und die hochwertige Ausrüstung wiesen die Hochelfen als Elitesoldaten aus. Nicht die Sorte Frontschwein die man in große Schlachten führt sondern die denen man wichtige Missionen anvertraute weil man auf ihre Fähigkeiten zählen konnte. Im offenen Konflikt würden diese wohl eine sehr viel größere Gefahr darstellen als hier drinnen wo ihn niemand kommen hatte sehen. Auf der anderen Seite war er selbst auch kein einfaches Frontschwein.
Ohne weiter zu zögern trat er durch die Tür nach draußen.
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[i]Einer der sonnigsten und freundlichsten Tage des ganzen Herbstes ging langsam zu Ende als Syas die Ausläufer der Elfenwälder erreichte. Am Horizont konnte er noch den Rauch aus den Schornsteinen Grimsteins aufsteigen sehen.
Die letzte Menschenstadt vor den Reichen der Elfen hatte einiges an Information für ihn parat gehabt. Genug Information um zu dem Schluss zu kommen, dass das Risiko auf eigene Faust loszuziehen zu groß gewesen wäre.
Selbst mit seiner Fähigkeit sich praktisch wie ein Geist durch die Wälder zu Bewegen würde es lange dauern Isalith ausfindig zu machen und je länger die Suche andauerte desto höher wäre die Chance, dass ihn ein aufmerksamer Elfenspäher doch ausmachen konnte. Und selbst der gefährlichste Krieger konnte durch einen einfachen Pfeil sterben.
Praktischerweise hatte er nach der Rettung Karalyas ein sehr brauchbares Geschenk vom Drachenreiter Raspar erhalten.
Geistesabwesend paffte der Schattenläufer an seiner Pfeife als er sich auf einem Baumstumpf nieder ließ und den karmesinroten Anhänger den er bis eben noch offen um den Hals getragen hatte zwischen den Fingern hin und her wandern ließ. Bald war die Sonne hinter dem Horizont verschwunden. Von da an dauerte es nicht mehr lange bis ein leises sausen zu hören war welches rasch lauter wurde. Offensichtlich nicht überrascht erhob sich der junge Mann gemächlich von seinem Baumstumpf und band sich den Anhänger mit der Lederschnur wieder um den Hals ehe er seinen Reisebeutel wieder aufhob und über die Schulter warf.
Im nächsten Moment landete bereits, sanfter als man erwarten würde, ein über zehn Meter langer Drache einige Meter entfernt auf der Wiese. Auf seinem Rücken saß ein Mann mittleren Alters im Sattel der grüßend den Hut zog: „Wie versprochen, hier bin ich, werter Sal.“ Der Drache knurrte daraufhin bedrohlich und kleine Flammen glühten aus seinen Nüstern auf ehe sie wieder erstarben. „Oh ja natürlich. Hier sind WIR wie versprochen.“ , korrigierte der Reiter hastig.
Syas lachte vergnügt auf und Schritt auf die beiden zu: ,,Freut mich deine Bekanntschaft zu machen Ril‘.“
Ohne groß darüber nachzudenken tätschelte der Schattenläufer im vorbei gehen den Hals des Drachen.
„Sal, vorsicht!....oh sieh mal einer an. Riley ist sonst nie so ähm….zurückhaltend bei Fremden.“
Der Drache sah, wenn überhaupt, ein wenig irritiert aus für einen Moment, ließ es aber dabei bleiben.
Syas antwortete mit einem Schulterzucken: „Raspar meinte bereits, dass ich ein Händchen für Drachen habe. Scheint also nicht nur seine Partnerin zu sein der ich geheuer bin.“
Problemlos auf den Rücken des Wesens kletternd verknotete der Schattenläufer auch bereits sein Gepäck sorgfältig am Sattel ehe er sich selbst ebenfalls absicherte. Der Reiter wartete geduldig und wendete sich dann um: „Und ihr seid sicher, dass Ihr das tun wollt Freund? Das ist Kriegsgebiet und als Mensch hat man dort nicht sehr viele Freunde. Gar keine um genau zu sein.“
„Ganz sicher. Es wird schon schief gehen, lasst uns aufbrechen.“, entgegnete Syas zuversichtlich. „Ach und Kellham, nennt mich doch Syas.“, fügte er dann noch hinzu.
Vier Tage später war bereits alles schief gegangen...